Von Tierwohl bis Weitsicht – anlässlich des 30-jährigen Jubiläums diskutierte der Geflügelwirtschaftsverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. im Rahmen seiner Mitgliederversammlung am 2. September 2020, auf dem Thünengut Tellow -mit norddeutschem Abstand – über Chancen und Perspektiven der Geflügelwirtschaft im Land.

Eine der großen Herausforderungen der Branche besteht darin, die Empfehlungen der „Borchert-Kommission“ zu einem grundlegenden Umbau der deutschen Nutztierhaltung umzusetzen. Der Verband sieht die Vorschläge des Kompetenznetzwerks als wichtigen Baustein für eine zukunftsfähige, von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragene, Landwirtschaft in Deutschland.

Politische Strategie der Bundesregierung vermisst

Es braucht eine vertraglich gesicherte, von einer breiten politischen Mehrheit getragene, staatliche Tierwohlprämie mit mindestens 20 Jahren Laufzeit. Eine Haltungs- und Herkunftskennzeichnung müsse verpflichtend sein. Die Empfehlungen der „Borchert-Kommission“ sollten in eine EU-weit einheitliche Lösung münden, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Nutztierhaltung zu erhalten. Dabei sollten die Kriterien der Initiative Tierwohl (ITW) in die Stufe 1 des Staatlichen Tierwohlkennzeichens von Ministerin Klöckner integriert werden, so Verbandsvorsitzende Marion Dorn.

Ausstieg aus Kükentöten – keine Verlagerung ins Ausland

Auch den Ausstieg aus dem Kükentöten werden die Mitglieder des Geflügelwirtschaftsverbands MV bei der Versammlung thematisieren. Franz Josef Buske berichtet in diesem Rahmen von seinen Erfahrungen mit der Bruderhahnaufzucht als unternehmerischem Potential. Bereits seit zwei Jahren beschäftigt sich der Fachmann mit der Hahnenmast der Legelinien – im Bio- und konventionellen Bereich. Aus Sicht des Verbandes gelingt der Ausstieg aus dem Kükentöten nur, wenn die gesamte Kette der Eierproduktion vom Brutei bis zum fertigen Konsumei weiter in Deutschland bestehen könne und sämtliche Alternativverfahren übergangsweise zur Anwendung kommen. Ein Verbot des Kükentötens allein in Deutschland sei keine Lösung. Eine nationale Regelung darf nicht zur Verlagerung der Brütereien oder gar Teilen der Legehennenhaltung ins Ausland führen, sind sich ZDG-Präsident Friedrich Otto Ripke und Landesvorsitzende Marion Dorn einig.

Antibiotikareduktion braucht neue Wege

Einen weiteren Fokus bildet die Reduzierung von Antibiotika, für die sich der Geflügelwirtschaftsverband schon seit vielen Jahren engagiert. Im nächsten und übernächsten Jahr werden sich durch eine neue Beschränkung der Wirkstoffe und eine neue EU-Tierarzneimittelverordnung die Rahmenbedingungen für die Geflügelhalter allerdings deutlich verschärfen. „Eine Perspektive für eine weitere Senkung des Einsatzes von Antibiotika würde die Zulassung von Anwendungen von Bakteriophagen und CE-Kulturen als Biozide bieten, wie es bereits in europäischen Ländern möglich ist“, so Marion Dorn. Generell wünscht sich die Verbandsvorsitzende mehr Wertschätzung für die deutschen Geflügel- und Nutztierhalter, mehr Weitsicht für die ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen und mehr Sachlichkeit und Bezug zu wissenschaftlichen Daten statt Ideologie.

Dank an verdiente Mitglieder

Der Geflügelwirtschaftsverband MV dankt den langjährigen Vorstandsmitglieder Andreas Scheringer und Gerd Göldnitz sowie der ausscheidenden Kassenprüferin Heike Schliemann. Die anschließende Vortragstagung fand mit dem Hiddenseer Wetterexperten Stefan Kreibohm, Dr. Mathias Todte, Geflügelfachtierarzt aus Köthen, Franz Josef Buske, Projektmanagement Geflügel Raiffeisen Ems-Vechte, und Friedrich-Otto Ripke, Präsident des ZDG aus Berlin, statt.

Über den Geflügelwirtschaftsverband MV:

Der GWV MV ist die Berufsvertretung aller Haltungsformen und Betriebsgrößen der Geflügelwirtschaft im Land. Im Verband sind Unternehmen sowie Erzeugergemeinschaften mit Jungmasthühnern, Legehennen-, Putenmast- und Wassergeflügel organisiert, die in ihren Ställen rund 2/3 des Wirtschaftsgeflügels in MV halten. Der GWV MV ist Mitglied im Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft und assoziiertes Mitglied des Bauernverbandes MV. Der Geflügelwirtschaftsverband Mecklenburg-Vorpommern e.V. wurde 1990 gegründet.